Im Winter

Früher lag an Weihnachten immer Schnee und im Sommer hat es nie geregnet. Das weiss ich ganz genau. Auch wenn der Deutsche Wetterdienst andere Statistiken hat, kann ich mich daran entsinnen, dass es trotzdem so war.

Wenn diese schneereichen und kalten Winter kamen, gab es für uns Kinder immer viel zu erleben. In der Wiese - es gab im Grund nur eine, die zwischen dem Grund und der Marienkapelle - begann dann die Wintersportsaison. Es gab zwei Attraktionen - wenn es kalt genug war - sonst gab's nur eine.

Die erste war die Abfahrt. Dazu musste man auf der Wiese den Schlitten ziemlich weit nach oben schleppen. Ungefähr in die Hälfte bis zur Kettlersiedlung. Dann konnte man todesmutig nach unten rasen. Halbe Höhe war damals eine Stufe, etwa ein Meter hoch. Ganz Mutige sprangen mit dem Schlitten über die Stufe und krachten mit dem Schlitten mit hoher Geschwindigkeit auf und - wenn der Schlitten es aushielt - fuhren sie weiter. Die Helden schafften das auch im "Bauchlappen". Beim "Bauchlappen" liegt man mit Bauch und Kopf nach vorn auf dem Schlitten. Irgendwann gehörte ich natürlich auch zu den Todesmutigen, die "Bauchlappen" über die Stufe sprangen. Und was war das schön. Wir haben den Schlitten unzählige Male nach oben geschleppt. Und sind nach unten gebraust. Manchmal einer alleine, manchmal im Wettkampf, um zu sehen wer schneller ist. Oft auch mit zwei oder drei Kindern auf dem Schlitten.

Die zweite Attraktion gab es nur selten. Durch die Wiese lief ein kleines Rinnsal. Damals gab es noch keine Eisbahnen. Aber man war erfinderisch! Die Älteren - die wahrscheinlich gar nicht so alt waren, nur kam es uns so vor - hatten den kleinen Wasserlauf gestaut und auf der Wiese vor der Kapelle war am nächsten Morgen ein Eissee entstanden. Der Helmut Cadario, der Bruder meiner Frau Andrea, war einer dieser Älteren. Die konnten dann Schlittschuh fahren auf der Eisbahn. Wir waren noch zu jung und wir hatten auch weder Schlittschuhe, noch  wurden wir von den Älteren eingeweiht, was da am nächsten Tag sich ereignen würde. Wir fuhren dann mit den Schlitten die Eisstrecke. Da es so kalt war, war auch der Wasserlauf bis zum Ende der Wiese  gefroren. Das war immerhin eine Strecke von 200 Metern, die man mit dem Schlitten übers Eis herunterjagen konnte.