Oma ist tot

Meine beiden Omas und Opas sind für mich unsterblich. Waren sie doch so viel anders, als die Eltern oder Brüder. Allwissend, immer nett, freundlich, gut; von Früher, wussten Geschichten aus einer anderen Welt, hatten so viel erlebt und gearbeitet, alles geschafft, den Krieg überlebt - und machten keine Vorschriften.

"Bude Marie", meine Oma vom Vater, ist 1972 gestorben.  Ich war damals 14 Jahre. Ich sass in unserem Wohnzimmer mit meinem Bruder Jörg und war mit einem Puzzle beschäftigt.  Ich weiss das alles noch ganz genau.

Plötzlich war im Stockwerk unter uns, wo Opa und Oma wohnten, Aufregung. Wir, mein Bruder und ich, sind dann nach unten gelaufen. Oma war umgefallen. Wir wurden wieder nach oben geschickt. Dr. Scheer, der Hausarzt, kam dann. Wir waren voller Angst und Schrecken, wir wussten noch nichts vom Tod eines Verwandten, wussten aber, dass es Tod gab. Nach einer Weile kam jemand nach oben zu uns - ich weiss nicht mehr, wer es war. Die Oma war gestorben. Wir durften dann nach unten gehen. Unsere Oma lag auf der Couch im Wohnzimmer.

Der Mascioni ist dann gekommen und hat meine Oma mitgenommen und die Beerdigung organisiert.

Was haben wir geweint. Mein Opa Franz hat mir später einmal, als ich schon älter war, gesagt, dass um ihn keiner so viel weinen würde, wie wir es taten, als seine Marie gestorben ist.

Da hat er recht gehabt. Aber das war nur deshalb, weil ich den Tod damals zum ersten Mal erfahren habe. Als er, und meine Grosseltern "Im Grund" gestorben sind, war die Überraschung, dass sie sterben nicht mehr so gross. Der Schmerz war allemal gleichgross.

Ich durfte bei der Beerdigung meiner Oma das Kreuz vor dem Leichenzug tragen. Darauf bin ich heute noch stolz. Seit diesem Tag habe ich mehr als eine Beerdigung erleben müssen. Auch die meiner Andrea, meiner geliebten Frau.